LAG Hessen: Kündigung wegen Nutzung einer fremden Kantinenkarte!

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LAG Hessen: Kündigung wegen Nutzung einer fremden Kantinenkarte!

Immer wieder schlagen sich die Arbeitsgerichte mit Bagatellkündigungen der Arbeitgeber herum. Aufgrund diverser Entscheidungen in jüngster Zeit, die Bagatellkündigungen bestätigen, nutzen viele Arbeitgeber die Gelegenheit um die Belegschaft zu verkleinern und schauen ganz genau hin, was die Arbeitnehmer so machen. Meistens findet sich etwas …

die Entscheidung des LAG Hessen

Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte sich mit folgenden Fall zu beschäftigen:

Eine Arbeitnehmerin benutze für den Zugang zu einer Kantine in Betrieb die Zugangskarte ihres Lebensgefährten, der dort ebenfalls arbeitete. In der Kantine wurde subventioniertes Essen angeboten. Normalerweise musste für die Nutzung einer solchen Karte € 50,00 pro Monat gezahlt werden. Ohne Karte hätte ein Kantinenessen wenigstens € 10,00 gekostet.

Der Arbeitgeber erfuhr von der Fremdnutzung der Zugangskarte und kündigte daraufhin der Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis – ohne vorherige Abmahnung – aus verhaltensbedingten Gründen außerordentlich und fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der Arbeitgeber sah in der unberechtigten Nutzung der Karte den Straftatbestand des „Erschleichens von Leistungen“ verwirklicht.

Die gekündigte Arbeitnehmerin erhob daraufhin Kündigungsschutzklage und verteidigte sich gegen die Kündigung. Das Arbeitsgericht gab ihr Recht. Der Arbeitgeber ging in Berufung zum LAG Hessen (Hess. LAG, Urteil vom 17. September 2008 – 8 Sa 548/08) und verlor auch vor dem Landesarbeitsgericht.

Das LAG Hessen führte aus:

Auch nach Auffassung des Berufungsgerichts war im Hinblick auf das der Mitarbeiterin vorzuwerfende Fehlverhalten eine erfolglose Abmahnung erforderlich. Es war entschuldbar, wenn sie geglaubt hat, unter Nutzung von dessen Zutrittskarte – ausschließlich – zu diesem Zweck die Mittagsverpflegung anstelle ihres erkrankten Lebensgefährten in Anspruch nehmen zu dürfen. Sie musste auch nicht annehmen, dass dadurch irgendjemandem ein Schaden entstehen würde. Den bekannt gegebenen Bedingungen zur Teilnahme an der betrieblichen Mittagsverpflegung, auf die sich der Arbeitgeber berufen hat, lasse sich dies jedenfalls nicht klar entnehmen. ….Soweit der Arbeitgeber gemeint hat, die Mitarbeiterin habe strafbare Handlungen begangen, fehlte es jedenfalls an der subjektiven Tatseite. Es sei nicht ersichtlich, dass sie vorsätzlich einen Irrtum erregen wollte und den Vorsatz hatte, das Vermögen des Arbeitgebers zu schädigen. Ein solcher Vorsatz wäre nur möglich gewesen, wenn sie den Bewirtschaftungsvertrag mit dem Kantinenbetreiber gekannt und diesem weiterhin hätte entnehmen können, dass der Essenszuschuss abhängig von der jeweiligen Zahl der Nutzer der Mittagsverpflegung gewesen sei. Auch die Strafvorschrift des § 281 StGB sah das Berufungsgericht nicht als verwirklicht an. Im Übrigen erachtete das Berufungsgericht eine Kündigung, sei sie außerordentlich oder ordentlich, im Hinblick auf die Beschäftigungsdauer und das Gewicht der vorgeworfenen Pflichtverletzung für unverhältnismäßig.“

Einer Entscheidung,der voll zuzustimmen ist, da faktisch für den Arbeitgeber kein Schaden entstanden ist.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin

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